„Ein innovatives Projekt, um zusätzliche Wasserflächen zu schaffen“

Im Interview mit Sportplatzwelt spricht Gunter Archinger, Geschäftsführer des SV Bayer Uerdingen 08, über das Pilotprojekt „narwali“ – ein mobiler Schwimmcontainer, mit Hilfe dessen Schülerinnen und Schüler in ganz NRW schwimmen lernen sollen.

Sportplatzwelt: Jüngst haben Sie als Projektträger gemeinsam mit Verantwortlichen aus der Politik das Pilotprojekt „narwali“ in Düsseldorf präsentiert. Was verbirgt sich hinter dem von der Staatskanzlei NRW initiierten Pilotprojekt?

Gunter Archinger
Gunter Archinger Bild: Stadionwelt
Archinger: Das Projekt „narwali“ ist ein innovatives Projekt, das darauf abzielt, zusätzliche Wasserflächen zu schaffen und ein Angebot zur Wassergewöhnung und -bewältigung für Kinder im Vorschul- und Grundschulalter anzubieten. Dazu werden mobile Schwimmcontainer entwickelt, in denen ein Schwimmbecken, Umkleidekabinen, Duschen und Toiletten eingebaut sind. Insgesamt werden fünf Container gebaut, die unter den fünf Regierungsbezirken in NRW aufgeteilt werden.

Der SV Bayer ist Projektkoordinator für den Regierungsbezirk Düsseldorf und das Projekt läuft über zwei Jahre. In dieser Zeit fährt der Container von Kommune zu Kommune und hat dort jeweils eine Standzeit von ca. 6 Wochen. In dieser Zeit werden von Montag bis Freitag täglich sechs Kurse zur Wassergewöhnung angeboten. Die Kurse laufen über fünf Wochen und insgesamt werden in jeder Kommune 30 Kurse gegeben. Pro Kurs können ca. 8 Kinder teilnehmen.

Im ersten Projektjahr werden insgesamt sieben Kommunen aus dem Regierungsbezirk Düsseldorf an dem Projekt teilnehmen (Krefeld, Essen, Wuppertal, Dormagen, Remscheid, Mülheim an der Ruhr, Langenfeld). Im Frühjahr 2024 startet eine zweite Anmeldephase in der sich Kommunen für das Projekt bewerben können.

Das Projekt wird vom Land NRW gefördert und anfallende Kosten für den Container sowie die Kursorganisation zur Wassergewöhnung können durch Fördergelder finanziert werden. Insgesamt stehen jedem Regierungsbezirk 540.000 Euro zur Verfügung. Außerhalb der Kernzeit für die Kurse zur Wassergewöhnung kann der Container für zusätzliche Angebote außerhalb der Zielgruppe genutzt werden. Die dadurch entstandenen Kosten werden von den Fördermitteln nicht abgedeckt. Sie müssen durch kostendeckende Einnahmen finanziert werden.

Sportplatzwelt: Ab wann werden die mobilen Schwimmcontainer im Einsatz sein? Welche Aufgaben kommen Ihnen als Projektträger zu?
Archinger: Der erste Container vom Regierungsbezirk Köln ist bereits seit Anfang Oktober 2023 in Betrieb. Der Container für den Regierungsbezirk Düsseldorf wird der Zweite werden und voraussichtlich Ende November fertiggestellt. Im Januar 2024 werden wir die Tour in Krefeld starten und im ersten Projektjahr in sieben Kommunen vertreten sein. Als Projektkoordinator ist der SV Bayer für die Organisation und Planung der Tour verantwortlich. Dafür stehen wir im engen Austausch mit den einzelnen Kommunen und der Staatskanzlei NRW. Jede einzelne Kommune ist intern für die Organisation der Kurse und des Personals verantwortlich. Dazu wird in den Kommunen ein zusätzlicher Koordinator eingesetzt, der mit uns im engen Austausch zusammenarbeitet.

Der SV Bayer ist darüber hinaus für die Verwaltung und den zweckmäßigen Gebrauch der Fördermittel verantwortlich, sowie für die Beschaffung des Containers und aller wesentlichen Teilaspekte zum Ablauf der Tour. Dies beinhaltet u.a. die Beschaffung des Hängers, die Beauftragung einer Spedition zum Transport des Hängers, sowie der ständige Austausch mit Behörden wie z.B. dem Gesundheits- oder Bauamt, um Gesetze und Normen einzuhalten. Außerdem ist jeder Projektkoordinator für die Öffentlichkeitsarbeit innerhalb seines Regierungsbezirkes verantwortlich.

Sportplatzwelt: DLRG und andere Fachverbände prangern seit Jahren eine sinkende Schwimmfähigkeit in der Bevölkerung an. Welche Beobachtungen konnten Sie diesbezüglich in Ihrem Verein machen? Was sind Ihrer Ansicht nach die wesentlichen Gründe für die immer weiter steigende Zahl an Nichtschwimmern?
Archinger: Nicht nur die Verbände prangern das an, sondern die vielen Vereine und Ortsverbände, die Schwimmausbildung betreiben, kommunizieren das ebenfalls schon seit vielen Jahren. Die sinkende Schwimmbefähigung hat viele Gründe und ich kann nur versuchen, die meiner Meinung nach grundlegendsten zu nennen:

Zum einen hat sich das Lebensumfeld von Familien in den letzten Jahrzehnten extrem verändert. Früher gingen deutlich mehr Eltern am Nachmittag oder am Wochenende mit ihrem Kind ins Schwimmbad, um ihm erste Schwimmtechniken bei- oder zumindest das Element Wasser im Sinne einer Wassergewöhnung näher zu bringen – so habe ich die ersten Schwimmerfahrungen gemacht und bin danach in einen Technikkurs bei einem Schwimmverein. Aufgrund von mangelnder Zeit (beide Eltern arbeiten) und/oder anderen Einflussfaktoren passiert das Lernen mit den Eltern immer weniger. Somit sind in erster Linie die staatlichen Einrichtungen, nämlich die Schulen gefragt – Schulen in NRW haben das Erlernen der Schwimmbefähigung im Lehrplan festgehalten. Die Kinder sollen am Ende der Grundschule „sichere Schwimmer“ sein – vergleichen wir das mal mit dem Bronzeabzeichen. Wir alle wissen, wie schwer das für die Schulen zu erfüllen ist. Auch das hat mehrere Gründe wie z.B. fehlende Wasserflächen, fehlende fachliche Kompetenz aufgrund fehlender Lerninhalte während des Studiums und natürlich der Lehrermangel allgemein.

All das führt zu langen Wartelisten bei den Schwimmvereinen, privaten Schwimmausbildern oder den Kommunen, die Schwimmausbildung anbieten. Durch die Corona-Pandemie hat sich die Situation nochmals deutlich verstärkt. Das sehen wir bei uns direkt an der Warteliste für Schwimmanfängerkurse.

Das Projekt „narwali“ setzt hier nicht nur bei den Wasserflächen an. Besonders wir als Projektträger und Schwimmausbilder sind daran interessiert, mehr Menschen als Schwimmausbilder*innen gewinnen zu können. Hier versuchen wir auch in Kooperation mit dem Schwimmverband Nordrhein-Westfalen neue Wege in der Ausbildung zu gehen und im wahrsten Sinne die Ausbildung der zukünftigen Schwimmlehrer*innen zu den Interessierten zu bringen.

Sportplatzwelt: Wie beurteilen Sie insgesamt die derzeitige Lage der deutschen Bäderlandschaft? Inwieweit ist auch ihr Verein von Sanierungsrückständen betroffen?
Archinger: Um valide Aussagen zur Situation treffen zu können, bedarf es der entsprechenden Daten. Mit dem Projekt „Bäderleben“ gibt es erstmals den Versuch, Licht in die bisher sehr unübersichtliche Bädersituation in Deutschland zu bringen. Es gibt bisher kein offizielles Register über Bäder – nicht mal von den Öffentlichen. Es tut sich also was und man fängt an, mehr zu wissen als zu schätzen.

Tatsächlich sind in den letzten 20 Jahren viele Bäder aufgrund von hohen Betriebs- oder Sanierungskosten geschlossen wurden. Allerdings hat sich ein Bewusstsein bei der Politik, den Medien und der Gesellschaft für die schlechte Situation entwickelt. Hier hat vor allem die „Bäderallianz Deutschland“ gute Lobbyarbeit geleistet. Es gibt mittlerweile viele Projekte in den Kommunen. In Krefeld z.B. wurde eine Bäderleitplanung erstellt, bei der ein hoher zweistelliger Millionenbetrag in neue Bäder und in die Sanierung von bestehenden Anlagen in den nächsten Jahren vorgesehen ist. Das Besondere hierbei: Die Handlungsempfehlungen an die Politik wurden gemeinschaftlich mit Verwaltung, Sportvereinen, Vertretern der Bürgerschaft unter wissenschaftlicher Begleitung und Beratung über zwei Jahre erarbeitet. Das war ein spannender aber auch ein erfolgreicher Prozess, der natürlich noch nicht zu Ende ist.

Wir selbst als Verein stehen aktuell vor der Umsetzung einer Teilsanierung unserer Anlage inklusive einer Neukonzeption unserer Energieversorgung. Wir werden für unsere „25-Meter-Halle“ die komplette Technische Gebäudeausrüstung erneuern und für den gesamten Vereinskomplex unsere Wärme zu 100 % über Wasser- und Luftwärmepumpen erzeugen. Die ersten Vergaben sind gelaufen und wir gehen davon aus, dass bis Ende des dritten Quartals 2024 alle Maßnahmen abgeschlossen sein werden. Das Projekt war zum Ende 2022 vom Planungsbüro auf ca. 5 Mio. Euro geschätzt worden. Durch Kostensteigerungen wird sich die Gesamtinvestition am Ende auf über 10 Mio. Euro belaufen. Maßgeblich wird das Projekt von der Stadt mit gut 5 Mio. Euro unterstützt, worüber wir sehr dankbar sind. Den Rest finanzieren wir über Zuschüsse des Landes und Bundesprogramme sowie über einen Kredit und Eigenkapital. Wir sind davon überzeugt, dass es sich um gut investiertes Geld handelt, da wir schon seit Jahrzehnten einen maßgeblichen Beitrag für die Stadtgesellschaft leisten und auch weiter leisten werden. (Stadionwelt, 02.11.2023)

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